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Vision gesucht – Auslobung eines Ideenwettbewerbs für das Helmstedter Revier

Wettbewerbsstart im Helmstedter Rathaus. v.li.:Thomas Klein (Wirtschaftsregion Helmstedt), Bürgermeister Malte Schneider (Schöningen), Anna Weyde (Regionalverband Braunschweig), Henning Konrad Otto (Stadt Helmstedt), Bürgermeister Werner Müller (Harbke). Foto: Anke Grundmann

Mit einem freiraumplanerischen Ideenwettbewerb soll ein ganzheitlicher Ansatz für die Transformation des ehemaligen Braunkohlereviers im Landkreis Helmstedt entwickelt werden. Ab sofort arbeiten 15 Planungsbüros aus der gesamten Bundesrepublik an einer Vision und Raumstrategie für die 4.500 Hektar im Osten des Regionalverbandsgebietes und dem äußersten Westen des Landkreises Börde (Sachsen-Anhalt).
Die Renaturierung und strukturelle Neuaufstellung nach dem Ende des Braunkohleabbaus in Deutschland, fordert die Kommunen vor Ort sehr: Es müssen Weichen gestellt werden, mit denen teilweise riesige Gebiete auf eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft und regionale Entwicklungsperspektive schauen können. Auch im Großraum Braunschweig gibt es mit dem Helmstedter Revier ein weites Gelände, das in eine Nachnutzung geführt werden muss. Es gilt, der Region ein neues, zukunftsfähiges wirtschaftliches Rückgrat einzuziehen und die gravierenden Eingriffe in Natur und Landschaft aus der Vergangenheit auszugleichen. Dem Raum soll eine neue Identität gegeben werden. Dafür braucht es mehr als kurzfristige Einzelmaßnahmen, meinen der Regionalverband Großraum Braunschweig und der Planungsverband Buschhaus als Initiatoren und Auslobende des Ideenwettbewerbs, dessen Durchführung auch die Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH finanziell unterstützt.
Die Planungsbüros sehen sich einer komplexen Aufgabe gegenüber. „Vorhandenes nutzen, Charakter bewahren, in die Zukunft gerichtet“, so fasst Anna Weyde, Erste Verbandsrätin des Regionalverbands, die Aufgabe zusammen und ergänzt konkret die Aufgabenstellung: „Den Wandel von einer industriell genutzten hin zu einer zukunftsorientierten Landschaft, die sich ihrer historischen Wurzeln bewusst ist und in neuer Weise Energieindustrie, Naherholung und Tourismus sowie Natur und Landschaft zusammen Raum gibt. Das Gelingen eines erfolgreichen Strukturwandels im Helmstedter Revier, hat eine positive Strahlwirkung für die ganze Region. Wir als Regionalverband möchten daher mit unserem Engagement für diesen Ideenwettbewerb einen ganzheitlichen Ansatz unterstützen.“
„Es sind die Einzigartigkeiten, die das kleinste der deutschen Braunkohlereviere für die teilnehmenden Büros zu einer besonderen freiraumplanerischen Aufgabenstellung machen“ führt Henning Konrad Otto, Geschäftsführer des Planungsverbands im Pressegespräch weiter aus. In dem Gelände, das seit dem 19. Jahrhundert für die Braunkohleförderung in Tagebauen genutzt wurde, ruhe der Abbau bereits seit 2016 vollständig – ein Alleinstellungsmerkmal unter den Braunkohlerevieren in Deutschland. Es „Erinnerungsort und Lebenslinie“ auf etwa 20 Kilometern das Helmstedter Revier.
„Schon vor der Wende fand hier eine außergewöhnliche Zusammenarbeit der beiden deutschen Staaten statt. Diese grenzen-übergreifende gedeihliche Kooperation findet heute unter sehr viel erfreulicheren Umständen eine intensive Fortsetzung,“ betont der Bürgermeister und stellvertretende Verbandsvorsitzende des ebenfalls im Helmstedter Revier tätigen Planungsverbandes Lappwaldsee, Werner Müller aus Harbke (Sachsen-Anhalt).
„Wir schätzen ein, mit dem Wettbewerb geeignete und erfahrene Büros angesprochen und gewonnen zu haben, die mit sachkundigem unverstellten Blick qualitativ hochwertige Entwürfe abliefern werden. Diese werden dem Strukturwandel im ehemaligen Helmstedter Revier wesentliche Impulse geben und langfristig wirksam bleiben“ betont Otto im Pressegespräch.
Die Planungsbüros haben jetzt bis 1. April 2025 Zeit, um ihre Entwürfe einzureichen. Die Sitzung der hochkarätigen Jury aus Fach- und Sachpreisrichterinnen und –richtern ist im Mai 2025 vorgesehen (Bekanntgabe der Namen erfolgt noch). Im Anschluss werden die Ideen und Pläne auch der Öffentlichkeit in einer Ausstellung zugänglich gemacht.

https://www.pv-buschhaus.de

https://www.regionalverband-braunschweig.de

ERGÄNZENDE INFORMATIONEN
Das Helmstedter Revier: Geschichte, Wandel und Perspektiven
Lage in der Region Großraum Braunschweig

Das Helmstedter Braunkohlerevier liegt südlich von Helmstedt, östlich von Schöningen und westlich von Harbke, an der Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Der Großteil befindet sich im Landkreis Helmstedt, ein kleinerer Teil im Landkreis Börde. Die Helmstedter Tagebaulandschaft gehört zur Helmstedter Mulde zwischen den Höhenzügen von Elm und Lappwald.

Geologische und historische Bedeutung
Das Revier erstreckt sich über 4.500 Hektar. Der Braunkohleabbau prägte die Region seit dem 19. Jahrhundert und schuf bedeutende Tagebaue wie Schöningen und Helmstedt. Während der deutschen Teilung verlief die innerdeutsche Grenze durch das Braunkohlevorkommen, was zu einer einzigartigen Zusammenarbeit zwischen Ost und West führte.

Auswirkungen der deutschen Teilung
Der Braunkohleabbau im Helmstedter Revier war von strategischer Bedeutung für beide Teile des geteilten Deutschlands. Trotz der Grenze arbeiteten Betriebe beiderseits eng zusammen, um die Energieversorgung sicherzustellen. Der weiterhin vorhandene Kolonnenweg und der einstige „Grenzkohlepfeiler“ sind bedeutende Relikte dieser Ära. Bereits in den 1950er Jahren wurden grenzübergreifende Kohleförderungen wiederaufgenommen.

Strukturwandel nach der Wiedervereinigung
Nach 1990 führte der Rückgang des Kohlebedarfs dazu, dass keine weiteren Vorkommen aufgeschlossen. wurden. Die letzte aktive Förderung endete 2016, und 2020 wurde das Kraftwerk Buschhaus endgültig abgeschaltet, das einzige von insgesamt fünf Großkraftwerken, die im Helmstedter Revier zwischen 1908 und 2016 wenigstens 200.000.000 MW/h Strom eingespeist haben, das derzeit noch weithin sichtbar ist. Die Region steht nun vor der Herausforderung, die ehemaligen Tagebauflächen sinnvoll umzugestalten.

Rekultivierung und neue Nutzungskonzepte
Das Helmstedter Revier transformiert sich zu einer Landschaft, die Erholung, erneuerbare Energien und Naturschutz verbindet. Rekultivierte Flächen bieten neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere.
Projekte wie die Umrüstung des landesbedeutsamen Industrie-Vorrangstandorts Buschhaus auf nachhaltige Energietechnologien unterstreichen den Wandel. Geplant ist eine integrative Nutzung, die Tourismus, Erholung und erneuerbare Energien harmonisch verbindet. Bis zum Jahr 2038 stehen 90 Millionen Euro aus den Strukturhilfen des Bundes zur Verfügung.

Historische Erinnerungsorte
Die besondere Geschichte der Region wird entlang des einstigen „Eisernen Vorhangs“ dem heutige "Grünen Band“ an vielen Orten sicht- und erlebbar: Auf dem Höhepunkt des „Kalten Krieges“ wurde die Kohle zwischen Helmstedt (Niedersachsen) und Harbke (DDR-Bezirk Magdeburg) gemeinsam abgebaut. Heute entsteht in dem zurückgebliebenen Tagebaurestloch grenzüberschreitend der Lappwaldsee. Auch die Gedenkstätte „Deutsche Teilung Marienborn“ und das „Grenzdenkmal Hötensleben“ erinnern eindrücklich an die deutsch-deutsche Teilung. Sie ermöglichen eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Der „Iron-Curtain-Trail“, dem Europa-Radweg Nr. 13, der auf der Linie des ehemaligen „eisernen Vorhangs verläuft, führt einen Teilabschnitt auf dem Gebiet des Helmstedter Reviers.

Perspektiven für die Zukunft – Ausgangspunkt für einen Ideenwettbewerb
Das Helmstedter Revier steht exemplarisch für den Wandel von einer industriellen zu einer nachhaltigen Landschaftsnutzung. Mit kreativen und integrativen Projektideen können die historische Substanz bewahrt und innovative Entwicklungen gefördert werden. Die Region hat das Potenzial, ein Vorreiter für zukunftsorientierte Nutzungskonzepte und eine ganzheitliche Transformation zu sein.

Ein Ideenwettbewerb für das große Ganze
Das Ziel des Ideenwettbewerbs ist es, eine zusammenhängende, ganzheitliche Vision für die Transformation des Helmstedter Reviers zu entwickeln. Der freiraumplanerische und städtebauliche Ideenwettbewerb soll den späteren, vielfältigen konkreten Planungen EINE Richtung geben. Gemeinsam loben daher der Planungsverband Buschhaus und der Regionalverband Großraum Braunschweig einen gut dotierten Ideenwettbewerb aus, um die historische Chance einer gelungenen, ganzheitlichen Planung zu nutzen.

Die Visionäre
Insgesamt gibt es 15 teilnehmende Planungsbüros. Fünf waren von Anfang an gesetzt, 10 weitere wurden aus insgesamt 21 Bewerbungen ausgelost. Die Auslobungsvorbereitungen und die folgende Auswahl werden von ISR Innovative Stadt- und Raumplanung GmbH begleitet, um von Anfang an eine hohe Qualität des Wettbewerbs zu gewährleisten. Die eingeladenen Planungsbüros bilden je ein Team aus den Fachdisziplinen Stadtplanung und Landschaftsarchitektur und verfügen über entsprechende Expertise für solch komplexe Vorhaben.

Faktenblatt: Zahlen | Daten | Fakten
Das Helmstedter Revier

- 4.500 Hektar / 45 km² (Fläche des Verbandsgebiets: 5.090 km², knapp 1 % der Gesamtfläche des Regionalverbands; zum Vergleich: Lausitzer Braunkohlerevier: ca. 11.000 km²)
- zukünftig 2 große Gewässer (Lappwaldsee, Elmsee)
- Verteilt auf 2 Bundesländer (Niedersachsen ca. 80 Prozent, ca. 20 Prozent Sachsen-Anhalt)
- Innerhalb des Landkreis Helmstedt unmittelbar betroffene Kommunen: 2 Gemeinden (Stadt Helmstedt, Stadt Schöningen), in Sachsen Anhalt: Gemeinde Harbke
- Ca. 50.000 Menschen, die im Umfeld des Reviers leben

Was macht das Revier besonders?
- Das kleineste Braunkohlerevier Deutschlands
- Das erste Braunkohlerevier, in dem der Braunkohleabbau bereits vollständig abgeschlossen ist (2016)
- Geschichtlich besonder Situation: Lage des Reviers auf der deutsch-deutschen Grenze
- ungewöhnlich enge Zusammenarbeit während der deutschen Teilung zw. den beiden Staaten
- Abbau der Braunkohle in beiden deutschen Staaten, flexible Grenzziehung innerhalb der Tagebaue
- Es wird vom „Grünen Band“ (ehem. Grenzstreifen, heutiges Nationales Naturmonument auf sachsen-anhaltinischer Seite) auf ca. 20 km durchzogen
- direkter Verlauf des Grünen Bandes derzeit durch den Lappwaldsee unterbrochen, Grenze verläuft mitten hindurch
Wer sind die Initiatoren und Geldgeber für den Ideenwettbewerb zum Helmstedter Revier?

 Initiatoren:
o Planungsverband Buschhaus
o Regionalverband Braunschweig

Weiterer Unterstützer: Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH

Ablauf des Ideenwettbewerbs
- 9. Dezember 2024: Auslosung der teilnehmenden Büros (5 Büros gesetzt, 10 weitere durch Bewerbung und Auslosung bestimmt)
- Anschließend: Ausgabe der Unterlagen an die teilnehmenden Planungsbüros (Stadtplanung und Landschaftsarchitektur in Zusammenarbeit) und Beginn der Bearbeitung der Wettbewerbsaufgabe
- 1. April 2025: Abgabe der Wettbewerbsbeiträge
- 5. Mai 2025: Jurysitzung

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